BITTER WINTER

Das Abe-Attentat. Die Vereinigungskirche ist Opfer von Hassreden und Diskriminierung

by | Sep 9, 2022 | Documents and Translations, German

Nachdem der ehemalige Premierminister ermordet wurde, erhalten Mitglieder der Vereinigungskirche Morddrohungen und werden am Arbeitsplatz und in Schulen gemobbt.

Von Massimo Introvigne

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Unification Church/Family Federation protests in Korea against media slander and discrimination in Japan.
Proteste von Vereinigungskirche/Familienföderation in Korea gegen Medienverleumdung und Diskriminierung in Japan.

Wenn Sie jemals eine Morddrohung erhalten haben (so wie ich), wissen Sie, dass das kein Spaß ist. Zuerst tust du es nur als schlechten Scherz ab, aber dann sagt dir eine leise Stimme immer wieder, dass die Welt voller Verrückter ist und einige von ihnen gefährlich sein könnten. Jedes Mal, wenn du nachts ein verdächtiges Geräusch hörst, kommt die Befürchtung hoch, ob der Verrückte nun schließlich kommt, um dich zu holen.

Diese Erfahrung mussten einige Mitglieder der Vereinigungskirche/Familienföderation in Japan machen, nachdem der ehemalige Premierminister Shinzo Abe ermordet wurde. Sein Attentäter behauptet, dass die hohen Spenden, die seine Mutter an die Vereinigungskirche leistete, sie vor zwanzig Jahren ruiniert hätten, und er beabsichtigte, Abe dafür zu bestrafen, dass er per Video an einem Event einer mit der Kirche verbundenen Organisation teilgenommen und im Rahmen einer weiteren Veranstaltung eine Botschaft übermittelt hatte.

Anstatt den Täter zu beschuldigen und vielleicht auch die öffentlichkeitswirksamen Kampagnen gegen die Vereinigungskirche, die dessen labiles Gemüt erregt haben könnten bloßzustellen, machten bestimmte japanische Anwälte und Medien den Opfern den Prozess. Sie forderten, dass „Kulte“ wie die Vereinigungskirche öffentlich bloßgestellt und bestraft werden sollten.

Im Jahr 2011 war ich Beauftragter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE, der auch die Vereinigten Staaten und Kanada angehören) für die Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, religiöser Intoleranz und Diskriminierung. Ein wichtiger Teil meines Aufgabenbereichs waren Hassverbrechen und Hassreden.

2011, offizieller Besuch des OSZE-Beauftragten für die Bekämpfung von Islamophobie, Adil Achmetow (links), des Beauftragten gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und religiöse Intoleranz, Massimo Introvigne (Mitte), und des Beauftragten gegen Antisemitismus, Andrew Baker (rechts), in der Ukraine.
2011, offizieller Besuch des OSZE-Beauftragten für die Bekämpfung von Islamophobie, Adil Achmetow (links), des Beauftragten gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und religiöse Intoleranz, Massimo Introvigne (Mitte), und des Beauftragten gegen Antisemitismus, Andrew Baker (rechts), in der Ukraine.

Nicht alle, die auf Hassreden gegen religiöse Minderheiten hören, begehen auch Hassverbrechen, aber einige tun es. In Japan führte der gegen die Vereinigungskirche verbreitete Hass zu Morddrohungen gegen einige ihrer Mitglieder.

Veröffentlichungen japanischer Medien, die über diese Vorfälle berichteten, gaben den Lesern die Möglichkeit, Kommentare abzugeben. Einige fügten in ihren Kommentaren weitere Morddrohungen hinzu. Ich hoffe, die japanische Polizei schenkt diesen Posts Aufmerksamkeit. Wir wissen jetzt, dass Abes Attentäter seine Karriere als Hasser der Vereinigungskirche begann, indem er Beleidigungen und Drohungen in sozialen Netzwerken veröffentlichte. Wir alle wissen, wie die Geschichte ausging.

Hassreden greifen von Natur aus um sich. Sobald sie über die Medien oder das Internet verbreitet werden, sind ihre Auswirkungen nicht mehr kontrollierbar. Es gibt Berichte von Mitgliedern der Vereinigungskirche in Japan, die auf der Straße beleidigt, am Arbeitsplatz verspottet und in Schulen gemobbt wurden. Es ließen sich deswegen sogar Ehepartner scheiden. Wir können nur hoffen und beten, dass verbale Gewalt nicht zu körperlicher Gewalt und unter Umständen zu Mord eskaliert. Fatale Auswirkungen von Hassreden gehören nicht nur der Vergangenheit an. Jeden Monat, wenn nicht jede Woche, werden Ahmadis in Pakistan ermordet. Sie sind Mitglieder einer religiösen Bewegung, die von Hassreden in den Medien und von Predigern der Mehrheitsreligion angegriffen wird.

Hassreden bereiten auch den Boden für Diskriminierung, d. h. für Gesetze, die auf Angehörige einer Minderheitengruppe abzielen und sie zu Bürgern zweiter Klasse machen. Das geschieht bereits mit der Vereinigungskirche in Japan. Während Spenden an Religionsgemeinschaften steuerfrei sind, wie es in jedem demokratischen Land der Welt der Fall ist, wird argumentiert, dass Spenden an die Vereinigungskirche nicht an eine „echte“ Religion, sondern an einen betrügerischen „Kult“ gehen und daher als geleistete Zahlung für Verkäufe und somit als steuerpflichtig betrachtet werden sollten.

Ein weiteres Bild der Proteste der Vereinigungskirche in Korea.
Ein weiteres Bild der Proteste der Vereinigungskirche in Korea.

Die Japaner erfinden dabei nichts Neues. Frankreich, das eine bizarre offizielle Politik gegen „Kulte“ praktiziert, die jetzt von einigen in Japan als Vorbild gefeiert wird, argumentierte vor nicht allzu langer Zeit, dass Spenden an die Zeugen Jehovas und andere Gruppen, die es in einer Liste als „Kulte“ führte, keine Spenden, sondern Zahlungen für Waren oder Dienstleistungen seien und daher besteuert werden sollten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah dies nicht so. Er entschied, dass die Neu-Definition von Spenden als Zahlungen für Verkäufe nur ein Instrument war, um religiöse Gruppen zu diskriminieren, die den französischen Behörden nicht gefielen und die sie als „Sekten“ bezeichneten. Frankreich musste die von den Zeugen Jehovas und zwei anderen religiösen Bewegungen bereits gezahlten Steuern zurückerstatten, zuzüglich Anwaltskosten und Schadensersatz.

Japan ist nicht Vertragspartner der Europäischen Menschenrechtskonvention, hat aber die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte unterzeichnet, die in Artikel 18 entsprechende Bestimmungen enthält. In einer offiziellen Interpretation, dem sogenannten Allgemeinen Kommentar Nr. 22, herausgegeben im Jahr 1993, erklären die Vereinten Nationen, dass „Artikel 18 in seiner Anwendung nicht auf traditionelle Religionen beschränkt ist“. Die Vereinten Nationen warnen vor „jeder Tendenz, Religionen oder Weltanschauungen aus irgendeinem Grund zu diskriminieren, einschließlich der Tatsache, dass sie neu gegründet wurden oder religiöse Minderheiten repräsentieren, die Gegenstand von Feindseligkeiten seitens einer vorherrschenden religiösen Gemeinschaft sein könnten“.

Der Weg, weitere Medien-Intoleranz und administrative Diskriminierung von Mitgliedern der Vereinigungskirche in Japan zu verhindern, besteht darin, eine große Koalition zu bilden. Es sollte jedem klar sein, dass es alle religiösen Gruppen bedroht, wenn den Behörden die Macht gegeben wird, zu entscheiden, welche Religionen gut und welche schlecht oder „Kulte“ sind, und die Spenden an letztere zu besteuern, indem sie erklären, dass dies keine echten Spenden seien. Das verwandelt die Institutionen vermeintlich säkularer Staaten in neue Inquisitoren.

Einige japanische Medien wenden ein, dass die Vereinigungskirche keine Religion mit „normalen“ Überzeugungen sei, sondern bizarre Behauptungen über ihren Gründer, Reverend Moon erhebe. Es ist also an der Zeit, dass ich an die Öffentlichkeit gehe. Ich glaube auch an eine Religion, die grandiose Behauptungen über ihren Gründer aufstellt. Ihr Name ist Christentum. Als Christ glaube ich, dass ein Jude, der vor zweitausend Jahren als Verbrecher hingerichtet wurde, heute noch lebt. Ich glaube auch, dass er von einer jungfräulichen Mutter geboren wurde und die Toten auferweckt hat. Dies ist sicherlich mehr als alle Behauptungen, die Mitglieder der Vereinigungskirche über Reverend Moon aufstellen mögen.

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